Altersarmut führt Menschen zur Tafel

Ausgabestelle Enger seit Ende Mai geöffnet: Kundenzahl gestiegen - viele Senioren unter den Bedürftigen

Wenn zum Ende des Monats das Geld fürs Essen knapp wird, dann müssen Familien in Enger und Spenge nicht hungrig bleiben. Wöchentlich versorgt die Herforder Tafel Bedürftige. Seit die Ausgabestelle in Enger Ende Mai im Solero eröffnet wurde, kommen etwa 15 Familien mehr als zu der Zeit, als die Engeraner nach Spenge fahren mussten.

»30 bis 50 Familien versorgen wir in Enger. Dass nun mehr Menschen kommen, liegt daran, dass der Weg nach Spenge entfällt. Manche haben nicht das Geld, nach Spenge zu gelangen, oder sie sind nicht mobil genug. Wir haben einige ältere Kunden, die mit dem Rollator kommen«, sagt Maria Stuke, ehrenamtliche Mitarbeiterin der Tafel. Sie engagiert sich bereits, seit die Tafel die Ausgabestelle in Spenge vor fünf Jahren eröffnet hat. Seit Mai arbeitet sie in Enger.


Sie und ihr Team mit Dorothee Hirsch, Bärbel Schumann, Gertrud Wilke und Oliver Stein haben festgestellt, dass immer mehr ältere Menschen kommen und sich Lebensmittel gegen einen kleinen Obolus abholen. »Das Thema Altersarmut ist nicht nur ein großes in den Medien, hier vor Ort erleben wir, wie viele es tatsächlich betrifft und was das für die Menschen bedeutet«, sagt Hendrik Karczewski (24, Kassenwart der Herforder Tafel). Gerade Senioren falle es nicht leicht, sich zu überwinden, zur Tafel zu gehen und Hilfe anzunehmen. »Sie schämen sich. Meist gibt es jemanden, der schon Kunde bei uns ist und der bringt dann jemand Neues mit«, berichtet Stuke.

Obst, Gemüse und Backwaren gibt es in der Ausgabe Enger zu genüge. 20 volle Kisten warten auf die Kunden. Immerhin drei Kästen sind gut gefüllt mit Molkereiprodukten. Besonders begehrt sind allerdings lange haltbare Lebensmittel wie Konserven oder Grundnahrungsmittel wie Nudeln, Reis, Zucker, Mehl und Ähnliches.

»Leider bekommen wir diese Lebensmittel nicht so häufig. Auch Wurstwaren sind immer eher knapp«, sagt Hendrik Karczewski (24). Der Kassenwart der Tafel freut sich daher besonders, dass die Fleischerei Wüllner aus Spenge immer eine kleine Kiste mit Fleisch-Waren bereitstellt. »Eine Woche geht sie nach Enger, eine Woche nach Spenge. Die Fleischerei schweißt die Wurst extra ein. Nur so dürfen wir sie auch ausgeben«, sagt Maria Stuke.

Wenn es Kaffee oder Tee gibt, dann kann es schon mal Streit unter den Kunden geben. »Diese Lebensmittel sind bei uns sehr rar. Wir dürfen Packungen nicht öffnen und teilen, da geht auch schon einmal jemand leer aus. Das führt dann zu Unmut - aber wir können eben nur ausgeben, was wir auch haben«, sagt Maria Stuke. »Es ist traurig, dass große Kaffeehersteller ihre Reste lieber verbrennen, als Bedürftigen zu geben«, bedauert Karczewski.

Die Tafel-Mitarbeiter danken allen Spendern sowie dem DRK und dem Wittekindshof für die Möglichkeit zur Nutzung der Räume. Gerade in der Weihnachtszeit gibt es viele Vereine, Institutionen und auch Privatpersonen, die Lebensmittel an die Tafel spenden. »Dann bekommen die Kunden auch mal etwas Besonderes«, sagt Stuke.

Die Tafel in Enger öffnet mittwochs im Café Solero des Wittekindshofes, Bielefelder Straße, von 13.30 bis etwa 14.15 Uhr, in Spenge (hier werden 30 bis 40 Familien versorgt) ebenfalls mittwochs von 14 bis 15 Uhr im DRK-Heim, Immanuel-Kant-Straße. Wer etwas spenden möchte, kann zu den entsprechenden Öffnungszeiten in die Ausgabestellen kommen oder sich an die Herforder Tafel wenden. 
www.herforder-tafel.de

Engerscher Anzeiger

Artikel vom 08.11.2012 von Kathrin Weege