Machen,was man gerne macht WOCHE DES EHRENAMTS

Barbara Beckmanns Brücke zwischen Mangel und Überfluss

Am Anfang ihres Ehrenamtsstand die Arbeitslosigkeit.

 

Barbara Beckmann hatte nach der Elternzeit beider Caritas gearbeitet.

Die befristete Stelle lief aus. Sie stand auf der Straße. „Du gründest jetzt die Tafel und wenn die

läuft, suchst Du dir einen neuen Job“, überlegte die Diplompädagogin.

 

Die Tafel: Brücke zwischen Mangel und Überfluss.Einwand freie Lebensmittel nicht auf den

Müllhaufen werfen, sondern an Menschen weiter geben, die sie benötigen.

 

Mit Sozialpfarrer Holger Kasfeld rief die arbeitslose Pädagogin Barbara Beckmann

2004 den Verein „Die Tafel“ Herford ins Leben.

 

Das lief gut an: Supermarkt-Betreiber waren froh, ihre Ware sinnvoll verwendet zu wissen.

Es meldeten sich zahlreiche Bedürftige.

Und es gelang Barbara Beckmann, eine ganze Reihe von Kunden als ehrenamtliche Mitstreiter zu gewinnen.

 

Dass hier Betroffene aktiv werden, nicht betüddelt und betreut sondern aktiviert werden, gilt ihr als besondere Stärke: „Bei uns werden Kunden zu Ehrenamtlichen, die für andere mit anpacken.“

 

Die Organisation der Arbeit, die Motivation der Mitarbeiter, die Schaffung von Zusammenhalt

in einer heute 50-köpfigen Gruppe von Akteuren– das wurden Barbara Beckmanns Aufgaben.

Was sie vorher bei der Caritas hauptberuflich gemacht hatte – sie hatte dort den „Warenkorb“

aufgebaut – machte sie jetzt ohne Entlohnung, außerhalb von Hierarchien, beflügelt

von der Wertschätzung ihrer Mitstreiter.

 

Sie schätzt diese Unabhängigkeit – sieht sie aber auch bedroht.

Im Bundesverband der Tafeln tritt sie gelegentlich als Mahnerin auf: „Wir sind in der

Gefahr, genau so ein Wohlfahrtsverband zu werden wie die anderen“.

Von Anfang anstanden die Tafeln in der politischen Kritik: Da gibt es die Behauptung, dort würden

Lebensmittel zweiter Klasse an Mitbürger zweiter Klasse verteilt.

 

Von anderer Seite kommt der Vorwurf,manhelfe Betroffenen,sich im Hartz IV-Bezug

komfortabel einzurichten. Barbara Beckmann hat da ein ganz eigenes Verständnis:

„Wir sind keine soziale Institution. Wir wollen auch nicht Armut bekämpfen.

 

Wir verhindern, dass Lebensmittel vernichtet werden.“

 

Das Tagesgeschäft des Einsammelns, Sortierens und Verteilens von Lebensmitteln überlässt

die Gründerin inzwischen anderen. Doch sie führt immer noch den Verein mit 130 Mitgliedern

– und übernimmt überregionale Aufgaben.

 

Beckmann: „Ich wollte mich ja eigentlich ganz rausziehen – aber das geht nicht.“

Sie ist nicht mehr traurig darüber: „Ich mache, was michinteressiert – und ich mache es

so, wie ich es machen will.“

 

Möglich ist das, weil sie durch die Familie finanziell unabhängig ist. Dazu kommt: „Ich kann

nicht einfach so zu Hause sein; und wahrscheinlich käme ich in der freien Wirtschaft nicht mehr

zurecht.“

 

Als die NRW-Vereine eine Sprecherin suchten, sagte sie zu. Sie ist inzwischen auch

Mitglied des Bundesvorstandes, mitverantwortlich für fast 1.000 Tafeln. Sie verhandelt in Düsseldorf

mit NRW-Regierungschefin Hannelore Kraft und hält

in Berlin Kontakt zu Bundespolitikern:

 

Eine Führungskraft im Ehrenamt. Doch ihr bleibt die Freude an der Basisarbeit: „Wir sind da wie

eine Familie. Es mag sein, dass einige manchmal schräg draufsind; aber alle sprechen

Deutsch, wir grillen zusammen,es ist eine tolle Gemeinschaft.“

Artikel NW Herford von HARTMUT BRAUN Veröffentlich 29.09.12