Die Tafel macht zwei Wochen dicht

Tafelmitarbeiter Tobias Milosevic und Farina Kösling

Vorsitzende begründet Pause mit personellem Engpass / Verbindliche Strukturen fehlen

Barbara Beckmann hat eine Entscheidung getroffen: Am 22. Dezember schließt die Herforder Tafel kurzzeitig ihre Lebensmittelausgabe. Öffnen soll sie erst wieder am 6. Januar.

Viele Tafelkunden dürfte das vor ein Problem stellen.
Beckmann, Vorsitzende und Gründerin der Tafel, sieht jedoch keine andere Möglichkeit. Ihr fehlen "personelle Kapazitäten", um die 14-tägige Auszeit zu überbrücken.


Mit einer Nummer in der Hand sitzt Sara-Janin Wiedlitzky im Vorraum der Tafel. Die alleinerziehende Mutter von zwei Kindern wird heute Obst, Gemüse und Brot mit nach Hause nehmen. Es ist das letzte Mal vor Weihnachten. Dass die Tafel zwei Wochen schließt, wusste Wiedlitzky bis eben nicht. "Finanziell wird das verdammteng", sagt sie.

Gerade zu Weihnachten und mit Verwandtschaft im Haus wolle doch jeder gut und ausreichend kochen. Auf dem Speiseplan wird der 25-Jährigen vor allem das Gemüse fehlen. "Für meine Kinder achte ich sonst immer auf eine ausgewogene Ernährung."

Wiedlitzkys kleine Familie ist eine von rund 400, die von der Herforder Tafel
wöchentlich mit Lebensmitteln versorgt werden. Für das Abholen, Aussortieren und Ausgeben der Waren sind in Herford, Enger und Spenge rund 70 ehrenamtliche Helfer zuständig.

Genau dort liege das Problem, sagt Barbara Beckmann. Ihre
Mitarbeiter würden das ganze Jahr über großen Einsatz zeigen. Zwei von ihnen seien "Bufdis", also Helfer im Sinne des Bundesfreiwilligendienstes.

Die übrigen seien ohne Arbeit, dürften aber wöchentlich maximal 15 Stunden ehrenamtlich arbeiten. Das alles sei zu wenig, um die Tafel am Laufen zu halten. "Unsere Leute arbeiten sowieso schon zu viel", sagt Beckmann.

Deshalb könne sie es ihnen nicht zumuten, auch noch über Weihnachten ehrenamtlich im Einsatz zu sein.
Weil die Arbeit immer mehr zunimmt und die Ansprüche von außen steigen, hat Barbara Beckmann fünf öffentlich geförderte Festanstellungen beantragt. "Wir brauchen verbindliche Strukturen und feste Arbeitsplätze, um die Aufgaben zu bewältigen", betont sie. Die Ansprüche an die Logistik und Hygiene der Tafel seien stark gestiegen. "

Aber wir arbeiten immer noch auf ehrenamtlicher Basis und
müssen anders als andere Tafeln Miete und städtische Gebühren zahlen." Nur mit fest angestellten Mitarbeitern könne man künftig die Weihnachtszeit überbrücken. Beckmann sagt, sie und ihre Mitarbeiter fühlen sich von der Stadt Herford nicht genügend wertgeschätzt.

Deren Arbeit werde als selbstverständlich hingenommen.
"Das ist sie aber nicht", betont die Tafelvorsitzende. Sie wünscht sich mehr
Unterstützung, mehr Rückendeckung von Seiten der Stadt. Von dem Satz "Das ist ja toll, was Sie da machen", könne sie schließlich weder die Miete für die Lagerhalle noch den Sprit für die Lieferfahrzeuge zahlen.

Bürgermeister Tim Kähler äußerte sich gestern nicht zu Schließung und
Entwicklung der Tafel.

Anfang des kommenden Jahres soll entschieden werden, ob die Tafel künftig mit Hauptamtlichen arbeiten darf. Sollte der Antrag abgelehnt werden, muss Barbara Beckmann umdenken. "Einen Plan B haben wir noch nicht", sagt sie. "So wie bisher können wir auf keinen Fall weitermachen."

 

Mit freundlichen Genehmigung der

Neue Westfälische 2014

17.12.14

Foto und Text Neue Westfälische- Hann Passlick