Zwei Wochen ohne Lebensmittel
Die Herforder Tafel bleibt über Weihnachten und Neujahr geschlossen.
»Wir können unseren Ehrenamtlichen nicht zumuten, dann zu arbeiten«, sagt Leiterin Barbara Beckmann.
Die Bedürftigen, die ihre Lebensmittel über die Tafel beziehen, nahmen die Nachricht mit großem Bedauern auf.
Entsprechend groß war die Menschenschlange, die sich gestern vor der Hauptstelle der Mittagstafel in Herford gebildet hatte. »Um 13 Uhr beginnt die Ausgabe der Lebensmittel, doch viele sind bereits eine halbe Stunde vorher da«, betont Barbara Beckmann.
Zu denen, die jede Woche zur Tafel kommen, zählt Viktor Lindt. Weil die
Ausgabe demnächst für 14 Tage geschlossen ist, will er sich mit möglichst vielen Lebensmitteln eindecken.
Inwieweit das gelingt, hängt nicht zuletzt von der Nachfrage
seitens der anderen Tafel-Nutzer ab. Denn der Bedarf nach besonders preiswerten Lebensmitteln ist groß. Dabei erreiche die Tafel gerade einmal 10 bis 15 Prozent aller Bedürftigen, betont Barbara Beckmann.
Diese Erfahrung werde nicht nur in Herford, sondern deutschlandweit gemacht. Vielen Berechtigten sei ihre Armut offenbar unangenehm.
Vom 22. Dezember bis zum 5. Januar bleibt die Herforder Tafel geschlossen. Dies betrifft auch die Standorte in Enger und Spenge.
Während dieser Zeit werden die Mitarbeiter auch keine Geschäfte anfahren, um von dort aus Lebensmittel abzuholen.
Dass es jetzt zu dieser zweiwöchigen Schließung kommt, begründet Barbara
Beckmann mit der Personal-Situation. »Wir brauchen Personen in öffentlich
geförderter Beschäftigung«, erklärt sie. Diese würden vom Job-Center vermittelt und dürften eigenverantwortliche Arbeit leisten. Die Eigenständigkeit unterscheidet sie von den Ein-Euro-Jobbern, von denen zurzeit fünf bei der Tafel tätig sind.
Fünf Stellen mit öffentlich geförderter Beschäftigung hat der Verein »Herforder Tafel« beantragt.
Für einen Engpass sorgt derzeit auch die Situation im Bereich
»Bundesfreiwilligendienst«. Von den zehn Stellen, die einst besetzt waren, sind nur noch zwei da.
Auch hier sind neue beantragt worden, aber Barbara Beckmann ist sich
nicht sicher, ob sie wieder besetzt werden. Denn auch bei anderen Tafeln gebe es Bedarf.
Die zweiwöchige Schließung will die Leiterin nicht überbewertet wissen, nur sagt sie: »Nur mit ehrenamtlichen Mitarbeitern können wir das nicht auffangen.« 50 Ehrenamtliche sind derzeit für Herford aktiv, hinzu kommen 20 für Enger und Spenge.
Zu denen, die die Schließung in der Geldbörse merken werden, zählt Karin Höner. Ihre Rente reiche zum Leben nicht aus, erklärt sie. Um preiswert über die Tage zu kommen, will sie sich auf die Angebote der Supermärkte konzentrieren.
Die 73-jährige Hildegard Langer, die seit zehn Jahren bei der Tafel hilft, weiß um die Nöte der Bedürftigen. Ihre Strategie angesichts der zweiwöchigen Pause: »Die Leute bekommen mehr.« Wie lange der Vorrat reicht, muss sich zeigen. Die erste Ausgabe im neuen Jahr findet am 6. Januar statt.
Mit freundlichen Genehmigung der
HERFORDER KREISBLATT 2014
17.12.2014
Text Von Hartmut Horstmann
Bilder von Moritz Winde