Es herrscht wie immer viel Betrieb in den Räumen der Herforder Tafel an diesem Donnerstagnachmittag. Geduldig stehen die Kundinnen und Kunden in einer Reihe und warten auf die Ausgabe der Waren, die sie für den täglichen Bedarf brauchen. Jamila Slow, die hinter dem Tresen steht und an diesem Tag frische Lebensmittel wie Joghurt, Milch oder Quark aus einem Kühlschrank ausgibt, strahlt. „Das macht Freude“, sagt die 40-jährige Irakerin.
Sie ist seit fünf Jahren ehrenamtlich für die Tafel im Einsatz. Nun ist sie hauptamtlich tätig. „Wir schaffen auch Arbeitsplätze“, klärt die Vereinsvorsitzende und -gründerin Barbara Beckmann im Gespräch mit der Neuen Westfälischen auf. Möglich mache dies das Teilhabe-Chancengesetz.
„40 Prozent der Kunden sind Kinder“
Das Jobcenter Herford finanziere hierüber entsprechende Stellen mit Zuschüssen, die in den ersten beiden Jahren der Beschäftigung bei 100 Prozent der Personalkosten liegen und sich bis zum fünften Jahr der Beschäftigung auf bis zu 70 Prozent reduzieren. „Den Rest müssen wir übernehmen“, berichtet Beckmann. „Das sind ganz normale Arbeitsverträge, 25 oder 30 Stunden die Woche.“
Acht solcher Verträge, die nach Paragraf 16i des Sozialgesetzbuchs II gefördert werden können, gibt es derzeit in der Herforder Tafel. Insgesamt hat die Herforder Tafel aktuell 119 Mitarbeitende, die überwiegend ehrenamtlich tätig sind. Davon arbeiten 70 in Herford, sowie zwölf in Enger, neun in Spenge, zehn in Hiddenhausen und 18 in Kirchlengern, wo sich ebenfalls Ausgabestellen befinden.
„Am Anfang waren es etwa 25 Ehrenamtliche, die an der Mindener Straße im ehemaligen Blumengeschäft Cardinal angefangen haben“, berichtet Beckmann aus den Anfängen der Arbeit des Vereins, der in diesem Jahr sein 20-jähriges Bestehen feiert.
Die heutige Ausgabestelle in Herford am Benter Weg 21, unweit der Firma Sulo, sei optimal. „Sie ist gut mit dem Bus zu erreichen und die Leute stehen nicht so auf dem Präsentierteller wie an der Mindener Straße.“ Nachdem es anfangs durchaus Skepsis gegenüber der Tafel gegeben habe, habe sich diese Einrichtung in Herford mittlerweile „super etabliert“. Das merkt man auch an diesem Tag. Die Menschen nehmen das Angebot der Tafel gerne an, sie kommen zu vorher fest gebuchten Uhrzeiten, damit es kein Gedränge gibt.
„Die meiste Arbeit ist das Holen und Sortieren der Lebensmittel“, beschreibt Beckmann den Tafel-Alltag. Vor allem das Gemüse muss sorgfältig begutachtet, schlecht gewordene Ware aussortiert werden. Alles wird säuberlich sortiert und optisch ansprechend präsentiert. „Wir sind strikt gegen Zukauf“, umschreibt Beckmann eines der wichtigsten Prinzipien der Herforder Tafel.
Klagen aus anderen Regionen über zu wenig Lebensmittel, die an Bedürftige weitergegeben und so vor dem Wegwerfen gerettet werden, stimmt man in Herford nicht an. „Wir können das nicht feststellen.“ Fast alle Supermärkte machen in Herford bei dem System mit und versorgen die Tafel mit Lebensmitteln. An diesem Tag gibt es auch viel Spülmittel. Denn eine Charge mit zum Teil eingeknickten Flaschen, die nicht mehr verkauft werden können, steht zur Weitergabe bereit. Ebenso gab es jüngst eine Spende von Topfblumen durch die Gärtnerei Jürging, die bei den Mitarbeitenden der Tafel auf viel Begeisterung stieß.
Das Angebot der Herforder Tafel wird aktuell so gut angenommen, dass derzeit keine neuen Kundinnen und Kunden mehr aufgenommen werden können. Nico Tasche und Andreas Bernad bereiten unterdessen wieder ein paar Kisten mit Salat und Gemüse für die Ausgabe vor. „Ich bin seit über einem Jahr hier“, erzählt Bernad. Er sei zwar in erster Linie fürs Funktionieren der IT und Aufgaben im Backoffice zuständig. Doch wenn Not am Mann sei, mache er im Grunde alles. „Aktuell fällt unser Fahrer aus, der kleinere Touren übernimmt.“
Man merkt allen Mitarbeitenden an, dass sie ihre Aufgaben mit Freude und Elan wahrnehmen. Pro Woche, erzählt Bernad, werden durchschnittlich 400 bis 450 Haushalte mit 1.000 bis 1.200 Personen in Herford mit Lebensmitteln durch die Tafel versorgt. 40 Prozent der Kunden seien Kinder. „Das wird immer unterschätzt“, betont Bernad. An allen Standorten zusammengenommen versorgt die Tafel laut Beckmann knapp 2.000 Kundinnen und Kunden.
Einige von ihnen packen auch an diesem Tag wieder ihre Einkäufe in die mitgebrachten Taschen. „Unsere Hilfe soll die staatlichen Leistungen ergänzen – ersetzen kann und will sie sie nicht“, heißt es auf der Webseite der Herforder Tafel. Es handele sich daher nicht um eine Vollversorgung, auch bestehe kein Rechtsanspruch auf irgendwelche Leistungen. Doch dass die Hilfe gut ankommt und nötig ist, das kann man auch an diesem Donnerstag am Benter Weg wieder beobachten.
Aktuelles
Wie die Tafel neue Arbeitsplätze schafft
Gründerin Barbara Beckmann legt Wert darauf, dass sich die Arbeit der Tafel immer weiterentwickelt.